Die Antworten, die man bekommt, wenn man fragt, was jemand mit Voodoo
assoziiert, sind verschieden. Doch oft genug ähneln sie sich ...
Horror, Zombies, Hexerei, Schadensmagie mittels Puppenzauber sind die
gängigsten Assoziationen.
In Wahrheit jedoch ist Voodoo eine pseudopolytheistische
Religion, flexibel und fürsorglich Religion (jedoch keine Buchreligion), in
der Mann wie Frau, gleichermaßen das Priesteramt ausüben können. Es gibt
keinerlei Missionierung - wer sich für die Religion interessiert,
der muß von sich aus aktiv werden.
Auf Haiti zB ist das Verhältnis im priesterlichen Amt so, daß auf 6 Hungan
(Priester) 4 Mambo (Priesterin) kommen.
Als Mambo haben die Frauen die gleichen Rechte und gleichen
Pflichten wie ihre männlichen Kollegen. Allerdings dadurch, daß sie Kinder
bekommen - haben sie eben doch eine Art Handicap. Da selbige jedoch die
Versorgung im Alter darstellen, haben Kinder nun mal auf Haiti ein ganz
anderes Ansehen als es in Europa der Fall ist.
Hungan/Mambo sind wie die Landpfarrer im "normalen" europäischen
Breitengrad.
So, Hochwürden oft genug als Hr. Pfarrer angesprochen wird, ist Papa im
Voodoo die "volkstümliche" Bezeichnung für einen Houngan (Priester).
Sie kümmern sich nicht nur um die Versorgung der Mitglieder mit Arbeit,
Essen und Unterkunft (wenn es wirklich nötig ist), sondern auch um die
gesundheitlichen Aspekte ("Kräuterdoktor") sie versorgen auch die Tempel,
sind aber vor allem Seelsorger.
Im Gegensatz zu anderen Religionen gibt es hier jedoch keine
klerikale Vergebung, der Priester kann nur Tipps geben, vergeben kann
lediglich das Opfer selber.
Neben Hungan/Mambo gibt es noch die Bokor (Lohnmagier), die
Folgen, mit denen sie klarkommen müssen, kommen für sie später, aber dafür
sicher.
Nicht zu vergessen natürlich die Malfakteur, sie lieben es zu zerstören um
des Zerstörens willen.
Der gläubige Voodoonsi ist nicht auf eine Gemeinde beschränkt, kann
problemlos wechseln.
So wie es in Europa durchaus wieder "modern" geworden ist
Partnerschaften ohne Trauschein zu leben - so ist das im Voodoo
ähnlich - gerade eben auch auf Haiti.
Die Ehe ist zwar eine geweihte Verbindung, jedoch kein Sakrament - von daher
ist eine Verfehlung auch keine Sünde. Man schadet allenfalls dem eigenen
Ansehen - generell wird die Sexualität freier und einfacher gelebt.
Das haitianische Voodoo besteht seit ungefähr dem 16. Jahrhundert - wie in
Europa, war es auch in Afrika eine Zeit der Kriege und Kämpfe, wo vor allem
die Adeligen und Priester gefangen genommen wurden zum Austausch und für
Verhandlungen.
Ursprünglich stammt der Glaube aus Afrika - vom Volk der Yoruba.
Während der Zeit der Sklaverei wurde vor allem die geistige Elite (die man
ja gefangen hatte). Auf Haiti kam es dann zu einer Mixtur der insulanen
Religion und der der Yoruba.
Selbige lernten dort die Bilder kennen, die sie in ihre Praktiken mit
einbanden.
Bis in die 70er Jahre gab es auf Haiti Probleme mit der
protestantischen Kirche. Altes wurde zerstört (Tempel,
Trommeln,...) - was den Glauben betrifft, so sind Protestanten bisweilen
humorloser und trockener. Bei den Katholiken hatte man den Vorteil, daß sie
durch ihre ganzen Heiligen ein ähnliches Verständnis bekam, doch wie sollte
man so etwas einem Protestanten darlegen?
So kam es schließlich zu einem erstaunlichen Phänomen auf Haiti.
100 % der Leute sind Katholiken - und 90 % Voodoonsi. Was nichts anderes
heißt, als, daß man am Sonntag erst die Messe besucht und danach zum Tempel
geht... nicht umsonst genießt Voodoo auf Haiti ein recht hohes Ansehen und
wurde mittlerweile zur offiziellen Glaubensgemeinschaft erhoben.
Oft genug kommen Touristen nach Haiti einzig und alleine deswegen um sich
die Zeremonien anzusehen. Nicht nur wegen des Geldes werden sie durchaus
geschätzt. Jedoch werden sie niemals die Rituale kennenlernen bzw. sehen,
die rein den Voodoonsi vorbehalten bleiben.
Seit den 50er/60er Jahre gibt es nun auch den europäischer
Voodoo, ein wenig abgewandelt und doch gleich ... man opfert zum Beispiel
keine Hühner mehr (macht doch ein ziemliches Chaos) sondern Zitronen
(immerhin geht es doch vor allem um die Lebensenergie und die findet man in
Zitronen genauso) - und auch die Pflichten des Hungan/Mambo sind ein wenig
anders gesteckt als auf Haiti.
Ist es auf Haiti durchaus so, daß der Priester hauptamtlich
arbeitet, so fallen im europäischen Gebiet viele soziale
Pflichten weg. Dadurch kann der Priester auch einem "normalen" Beruf
nachgehen.
In Europa ist zB in Österreich alles recht locker verbunden, in Frankreich
und der Schweiz hingegen wird straff organisiert.
Gefeiert wird regelmäßig 1 - 2 x die Woche.
Natürlich gibt es auch Feiertage - wie zB Neujahr, das hier auf den 31.
Oktober fällt.
Der Hauptkernpunkt im Voodoo ist der Glaube an die Wiedergeburt, der Tod ist
ein Teil des Lebenskreises.
War jemand in mehreren Leben hindurch gut, so kann es sein, daß er zum Loa
aufsteigt. War er lange Zeit schlecht, so kann er zum Tier degradiert oder
auch zum Diab werden. Obwohl diese schon auch Macht haben, stehen sie unter
den Loa - und leiden wie der gefallene Engel.
So wie man sich in vielen anderen Religionen einen Teufel/Satan vorstellt,
existiert er im Voodoo nicht.
Nach dem Tod bleibt man ein Jahr im Jenseits.
Die Seele läuft dual -
Ti-Bon-Ange - Wissen/Lebensfunke/Spiegelbild der Persönlichkeit und
Gros-Bon-Ange - Wesen/Ego/Essenz
für jede Inkarnation wird 1 Tibonanch hinzugefügt.
Dadurch ist es sehr wohl auch möglich, daß man mit seinen Ahnen im Jenseits
zu sprechen in der Lage ist, obschon diese doch wieder inkarniert sein
könnten.
Die Seele selber ist im Kopf inkarniert - deswegen sollte man immer drauf
achten den Kopf eines Voodoonsi nur mit dessen Erlaubnis zu berühren.
Die Loa sind sozusagen die Vermittler zwischen dem höchsten
Wesen, dem Bandjo, welches zugleich weiblich/männlich ist, aber keine
Gestalt besitzt (das im Gegensatz zu manch anderer Hauptgottheit keineswegs
omnipräsent ist) und dem Staubkorn Mensch Sie können am ehesten mit den
Engel verglichen werden.
Für jeden Lebensbereich gibt es einen Loa (Familie, Liebe, Stahl, Krieg,
Tod,...) ähnlich dem griechischen Panthenon sind sie auch in ihrer eigenen
Hitzköpfigkeit gefangen, lieben und hassen wie die Menschen. Es gibt
unzählige Loas, die Hauptloas jedoch beschränken sich auf ca. 40.
Manche Tempel werden bestimmten Loas geweiht, doch das ist kein Zwang...
genauso wenig wie jeder Priester seine hauptsächlichen Loas hat, mit denen
er ganz besonders gut arbeiten kann - je nach seinen eigenen, persönlichen
Vorlieben.
Natürlich kann es schon mal passieren (vor allem Anfängern), daß man den
Faux Pas begeht, zwei Loas zu holen, die ganz und gar nicht zueinander
passen, jedoch im Regelfall achten die Loas auch von sich aus drauf, daß,
wenn nur ein bestimmter hinzugebeten wird, sich nicht ein anderer
hinzugesellt, der das Ritual stören würde... die anderen halten sich in
diesem Fall dann eher zurück...
Sie können einem auch Träume schicken. Besondere Träume stellen sich
durchaus schon mal als Vision heraus, die von den Loas geschickt wird. Im
Voodoo spielt der Traum eine große Rolle...
Jeder Loa hat sein eigenes Vèvè, sozusagen sein Siegel, jedoch wird das eher
auf Haiti genutzt.
Man nimmt dazu Maismehl (weil es nicht klumpt) und gestaltet das Vèvè, man
sollte dazu eine Größe von 2 - 5 Meter auf alle Fälle einrechnen.
Hat man es aus irgend einem Grund verpatzt, wird das benutzte Mehl genommen
und weggeworfen, man fängt neu an zu zeichnen.
Gerade zu Zeiten der Sklaverei mußte alles ganz praktisch und schnell gehen
- Maismehl auf dem trockenen Lehmboden in den Sklavenhütten war schnell
wieder entfernt - und auch rasch und leicht organisiert...
Wie unter den Menschen so ist auch unter den Loa der Hauptkontext - je
heller, desto angesehener (ganz weiß ist auch wieder schlecht).
Waren einst die Mulatten die Haussklaven, so waren die rein
Schwarzen vor allem auf den Feldern zu finden.
Als Beispiel Baron Samedi - wohl einer der bekanntesten Guédén (diese haben
mit dem Tod und den Toten zu tun) und zugleich auch deren Oberhaupt.
Er erscheint im Anzug und Zylinder, hat einen Spazierstock bei sich, sein
Name rührt daher, weil Begräbnisse einst vorzugsweise an Samstagen
abgehalten wurden und mit der Zeit kam auch die Ehrenbezeichnung Baron
hinzu. Er ist schwarz.
Wie bei jeder anderen Besessenheit ist es auch hier ein
Seelenritt, wobei das eigene Bewußtsein völlig in den Hintergrund gedrängt
wird.
Man hat keinerlei Erinnerung, der Körper steht jemand anderem zur Verfügung,
in diesem Fall einem Loa.
Die übliche Dauer eine solchen Besessenheit ist ca. 1 Stunde - will der Loa
dann nicht gehen, so muß der Priester das klären.
Ein guter Test, ob jemand tatsächlich von einem Loa besessen ist, ist, wenn
man der Person Rum in die Augen schüttet. Ein Loa verkraftet das ganz
leicht, denn ein Besessener erträgt Dinge, die normalerweise jenseits der
menschlichen Leistungsfähigkeit sind.
Für jeden Loa gibt es bestimmte Kleidung, Artefakte, Gegenstände.
Wenn er Loa zu erkennen gibt, werden rasch die für ihn gedachten Dinge
geholt, so daß er/sie sich dann auch naturgegeben kleiden kann...
Selbige werden an einem ganz bestimmten Ort gelagert.
Als Opfergaben sind Rum bzw. Tabak zugegen...
Diese Besessenheiten sind erwünscht und in den Ritualen gut abgesichert.
Hungan (die oberste Autorität - die zugleich auch leitet und als
"Sicherheit" vorhanden ist)
Hunganikon - Chorleiter und Assistent des Hungan
LaPlace - Zeremonienmeister er trägt den Säbel (geht auf Major de la place
zurück)
RenDrapo - Fahnenträger (die Trapos sind selten, schön und mit mühsamer
Kleinarbeit gestickt - die auch dem entsprechenden Loa geweiht sind)
Hunsi - intiierte Gläubige
Hunsi Bossale - die nicht steuern können...
Trommler -Takte sind verschieden nach Loas zB Pedro sehr aggressiv - Ogum -
Feuer/Stahl/Krieg
Die übliche Darstellung von Zombies ist die in Filmen als lebende Tote. Im
Voodoo gibt es die toten Lebenden. Das sind noch lebende Menschen, dessen
Grobanansch von ihm gelöst wurde (im haitianischen Gesetzbuch läuft eine
solche Tat unter Mord).
Das stellt sich dann als eine Art Lobotomisierung des Gehirns heraus. Der
tote Lebende tut einfach alles, was man ihm sagt (essen, schlafen,
arbeiten,...), er wird an einen Herrn gebunden, der ihm Order erteilt.
Konkret handelt es sich um einen künstlich herbeigeführten
physischen Defekt mittels einer chemischen Substanz, die eine ähnliche
Wirkung wie das Gift des Kugelfisches zeigt, eine völlige Lähmung wird
herbeigeführt - ähnlich wie beim Scheintot.
Natürlich wird im Voodoo wird auch mit verschiedensten Pülverchen hantiert.
Als Beispiel wäre das Zonka-Pulver (das zur Bannung negativer Wesenheiten
genutzt wird) oder das Werwolfspulver (wobei man hier tierisches Verhalten
an den Tag legt, man wird toll (ist sozusagen eine Bestrafung weil man zu
sehr von oben herab war bzw. für den Kampf gedacht...
Buchtipps:
- Baba Ifa Karada
Yoruba - Handbuch der afrikanischen Mystik
- Milo Rigaus
Secrets of Voodoo
- Papa Nemo
Der Weg des Voodoo. Von den Grundlagen zur Praxis
- Pietro Bandini
Voodoo - von Hexen, Zombies, schwarzer Magie
- Heike Owusu
Voodoo-Rituale
- Shannon R. Turlington
The Complete Idiot's Guide to Voodoo
- Elisabeth Drabeck
Wunderwelt Voodoo
- S. Jason Black und Christopher S. Hyatt
Urban Voodoo