BlutLust-Zusammenkunft zum Thema

Voodoo

Vorstellung und Realität in Religiösität, Glauben und Magie

- am 03.05.2006


Die Antworten, die man bekommt, wenn man fragt, was jemand mit Voodoo assoziiert, sind verschieden. Doch oft genug ähneln sie sich ...
Horror, Zombies, Hexerei, Schadensmagie mittels Puppenzauber sind die gängigsten Assoziationen.

In Wahrheit jedoch ist Voodoo eine pseudopolytheistische Religion, flexibel und fürsorglich Religion (jedoch keine Buchreligion), in der Mann wie Frau, gleichermaßen das Priesteramt ausüben können. Es gibt keinerlei Missionierung - wer sich für die Religion interessiert, der muß von sich aus aktiv werden.

Auf Haiti zB ist das Verhältnis im priesterlichen Amt so, daß auf 6 Hungan (Priester) 4 Mambo (Priesterin) kommen.
Als Mambo haben die Frauen die gleichen Rechte und gleichen Pflichten wie ihre männlichen Kollegen. Allerdings dadurch, daß sie Kinder bekommen - haben sie eben doch eine Art Handicap. Da selbige jedoch die Versorgung im Alter darstellen, haben Kinder nun mal auf Haiti ein ganz anderes Ansehen als es in Europa der Fall ist.

Hungan/Mambo sind wie die Landpfarrer im "normalen" europäischen Breitengrad.
So, Hochwürden oft genug als Hr. Pfarrer angesprochen wird, ist Papa im Voodoo die "volkstümliche" Bezeichnung für einen Houngan (Priester).

Sie kümmern sich nicht nur um die Versorgung der Mitglieder mit Arbeit, Essen und Unterkunft (wenn es wirklich nötig ist), sondern auch um die gesundheitlichen Aspekte ("Kräuterdoktor") sie versorgen auch die Tempel, sind aber vor allem Seelsorger.


Im Gegensatz zu anderen Religionen gibt es hier jedoch keine klerikale Vergebung, der Priester kann nur Tipps geben, vergeben kann lediglich das Opfer selber.

Neben Hungan/Mambo gibt es noch die Bokor (Lohnmagier), die Folgen, mit denen sie klarkommen müssen, kommen für sie später, aber dafür sicher.

Nicht zu vergessen natürlich die Malfakteur, sie lieben es zu zerstören um des Zerstörens willen.
Der gläubige Voodoonsi ist nicht auf eine Gemeinde beschränkt, kann problemlos wechseln.
So wie es in Europa durchaus wieder "modern" geworden ist Partnerschaften ohne Trauschein zu leben - so ist das im Voodoo ähnlich - gerade eben auch auf Haiti.
Die Ehe ist zwar eine geweihte Verbindung, jedoch kein Sakrament - von daher ist eine Verfehlung auch keine Sünde. Man schadet allenfalls dem eigenen Ansehen - generell wird die Sexualität freier und einfacher gelebt.

Das haitianische Voodoo besteht seit ungefähr dem 16. Jahrhundert - wie in Europa, war es auch in Afrika eine Zeit der Kriege und Kämpfe, wo vor allem die Adeligen und Priester gefangen genommen wurden zum Austausch und für Verhandlungen.

Ursprünglich stammt der Glaube aus Afrika - vom Volk der Yoruba. Während der Zeit der Sklaverei wurde vor allem die geistige Elite (die man ja gefangen hatte). Auf Haiti kam es dann zu einer Mixtur der insulanen Religion und der der Yoruba.
Selbige lernten dort die Bilder kennen, die sie in ihre Praktiken mit einbanden.

Bis in die 70er Jahre gab es auf Haiti Probleme mit der protestantischen Kirche. Altes wurde zerstört (Tempel, Trommeln,...) - was den Glauben betrifft, so sind Protestanten bisweilen humorloser und trockener. Bei den Katholiken hatte man den Vorteil, daß sie durch ihre ganzen Heiligen ein ähnliches Verständnis bekam, doch wie sollte man so etwas einem Protestanten darlegen?
So kam es schließlich zu einem erstaunlichen Phänomen auf Haiti. 100 % der Leute sind Katholiken - und 90 % Voodoonsi. Was nichts anderes heißt, als, daß man am Sonntag erst die Messe besucht und danach zum Tempel geht... nicht umsonst genießt Voodoo auf Haiti ein recht hohes Ansehen und wurde mittlerweile zur offiziellen Glaubensgemeinschaft erhoben.

Oft genug kommen Touristen nach Haiti einzig und alleine deswegen um sich die Zeremonien anzusehen. Nicht nur wegen des Geldes werden sie durchaus geschätzt. Jedoch werden sie niemals die Rituale kennenlernen bzw. sehen, die rein den Voodoonsi vorbehalten bleiben.

Seit den 50er/60er Jahre gibt es nun auch den europäischer Voodoo, ein wenig abgewandelt und doch gleich ... man opfert zum Beispiel keine Hühner mehr (macht doch ein ziemliches Chaos) sondern Zitronen (immerhin geht es doch vor allem um die Lebensenergie und die findet man in Zitronen genauso) - und auch die Pflichten des Hungan/Mambo sind ein wenig anders gesteckt als auf Haiti.

Ist es auf Haiti durchaus so, daß der Priester hauptamtlich arbeitet, so fallen im europäischen Gebiet viele soziale Pflichten weg. Dadurch kann der Priester auch einem "normalen" Beruf nachgehen.

In Europa ist zB in Österreich alles recht locker verbunden, in Frankreich und der Schweiz hingegen wird straff organisiert.
Gefeiert wird regelmäßig 1 - 2 x die Woche.
Natürlich gibt es auch Feiertage - wie zB Neujahr, das hier auf den 31. Oktober fällt.


Der Hauptkernpunkt im Voodoo ist der Glaube an die Wiedergeburt, der Tod ist ein Teil des Lebenskreises.
War jemand in mehreren Leben hindurch gut, so kann es sein, daß er zum Loa aufsteigt. War er lange Zeit schlecht, so kann er zum Tier degradiert oder auch zum Diab werden. Obwohl diese schon auch Macht haben, stehen sie unter den Loa - und leiden wie der gefallene Engel.

So wie man sich in vielen anderen Religionen einen Teufel/Satan vorstellt, existiert er im Voodoo nicht.
Nach dem Tod bleibt man ein Jahr im Jenseits.

Die Seele läuft dual -
Ti-Bon-Ange - Wissen/Lebensfunke/Spiegelbild der Persönlichkeit und
Gros-Bon-Ange - Wesen/Ego/Essenz
für jede Inkarnation wird 1 Tibonanch hinzugefügt.

Dadurch ist es sehr wohl auch möglich, daß man mit seinen Ahnen im Jenseits zu sprechen in der Lage ist, obschon diese doch wieder inkarniert sein könnten.
Die Seele selber ist im Kopf inkarniert - deswegen sollte man immer drauf achten den Kopf eines Voodoonsi nur mit dessen Erlaubnis zu berühren.

Loa

Die Loa sind sozusagen die Vermittler zwischen dem höchsten Wesen, dem Bandjo, welches zugleich weiblich/männlich ist, aber keine Gestalt besitzt (das im Gegensatz zu manch anderer Hauptgottheit keineswegs omnipräsent ist) und dem Staubkorn Mensch Sie können am ehesten mit den Engel verglichen werden.

Für jeden Lebensbereich gibt es einen Loa (Familie, Liebe, Stahl, Krieg, Tod,...) ähnlich dem griechischen Panthenon sind sie auch in ihrer eigenen Hitzköpfigkeit gefangen, lieben und hassen wie die Menschen. Es gibt unzählige Loas, die Hauptloas jedoch beschränken sich auf ca. 40.

Manche Tempel werden bestimmten Loas geweiht, doch das ist kein Zwang... genauso wenig wie jeder Priester seine hauptsächlichen Loas hat, mit denen er ganz besonders gut arbeiten kann - je nach seinen eigenen, persönlichen Vorlieben.

Natürlich kann es schon mal passieren (vor allem Anfängern), daß man den Faux Pas begeht, zwei Loas zu holen, die ganz und gar nicht zueinander passen, jedoch im Regelfall achten die Loas auch von sich aus drauf, daß, wenn nur ein bestimmter hinzugebeten wird, sich nicht ein anderer hinzugesellt, der das Ritual stören würde... die anderen halten sich in diesem Fall dann eher zurück...

Sie können einem auch Träume schicken. Besondere Träume stellen sich durchaus schon mal als Vision heraus, die von den Loas geschickt wird. Im Voodoo spielt der Traum eine große Rolle...

Jeder Loa hat sein eigenes Vèvè, sozusagen sein Siegel, jedoch wird das eher auf Haiti genutzt.

Man nimmt dazu Maismehl (weil es nicht klumpt) und gestaltet das Vèvè, man sollte dazu eine Größe von 2 - 5 Meter auf alle Fälle einrechnen.

Hat man es aus irgend einem Grund verpatzt, wird das benutzte Mehl genommen und weggeworfen, man fängt neu an zu zeichnen.

Gerade zu Zeiten der Sklaverei mußte alles ganz praktisch und schnell gehen - Maismehl auf dem trockenen Lehmboden in den Sklavenhütten war schnell wieder entfernt - und auch rasch und leicht organisiert...

Wie unter den Menschen so ist auch unter den Loa der Hauptkontext - je heller, desto angesehener (ganz weiß ist auch wieder schlecht).
Waren einst die Mulatten die Haussklaven, so waren die rein Schwarzen vor allem auf den Feldern zu finden.
Als Beispiel Baron Samedi - wohl einer der bekanntesten Guédén (diese haben mit dem Tod und den Toten zu tun) und zugleich auch deren Oberhaupt.
Er erscheint im Anzug und Zylinder, hat einen Spazierstock bei sich, sein Name rührt daher, weil Begräbnisse einst vorzugsweise an Samstagen abgehalten wurden und mit der Zeit kam auch die Ehrenbezeichnung Baron hinzu. Er ist schwarz.


Rituelle Besessenheit

Wie bei jeder anderen Besessenheit ist es auch hier ein Seelenritt, wobei das eigene Bewußtsein völlig in den Hintergrund gedrängt wird.
Man hat keinerlei Erinnerung, der Körper steht jemand anderem zur Verfügung, in diesem Fall einem Loa.

Die übliche Dauer eine solchen Besessenheit ist ca. 1 Stunde - will der Loa dann nicht gehen, so muß der Priester das klären.

Ein guter Test, ob jemand tatsächlich von einem Loa besessen ist, ist, wenn man der Person Rum in die Augen schüttet. Ein Loa verkraftet das ganz leicht, denn ein Besessener erträgt Dinge, die normalerweise jenseits der menschlichen Leistungsfähigkeit sind.
Für jeden Loa gibt es bestimmte Kleidung, Artefakte, Gegenstände. Wenn er Loa zu erkennen gibt, werden rasch die für ihn gedachten Dinge geholt, so daß er/sie sich dann auch naturgegeben kleiden kann...

Selbige werden an einem ganz bestimmten Ort gelagert.
Als Opfergaben sind Rum bzw. Tabak zugegen...
Diese Besessenheiten sind erwünscht und in den Ritualen gut abgesichert.


Hungan (die oberste Autorität - die zugleich auch leitet und als "Sicherheit" vorhanden ist)
Hunganikon - Chorleiter und Assistent des Hungan
LaPlace - Zeremonienmeister er trägt den Säbel (geht auf Major de la place zurück)
RenDrapo - Fahnenträger (die Trapos sind selten, schön und mit mühsamer Kleinarbeit gestickt - die auch dem entsprechenden Loa geweiht sind)
Hunsi - intiierte Gläubige
Hunsi Bossale - die nicht steuern können...
Trommler -Takte sind verschieden nach Loas zB Pedro sehr aggressiv - Ogum - Feuer/Stahl/Krieg

Zombies

Die übliche Darstellung von Zombies ist die in Filmen als lebende Tote. Im Voodoo gibt es die toten Lebenden. Das sind noch lebende Menschen, dessen Grobanansch von ihm gelöst wurde (im haitianischen Gesetzbuch läuft eine solche Tat unter Mord).

Das stellt sich dann als eine Art Lobotomisierung des Gehirns heraus. Der tote Lebende tut einfach alles, was man ihm sagt (essen, schlafen, arbeiten,...), er wird an einen Herrn gebunden, der ihm Order erteilt. Konkret handelt es sich um einen künstlich herbeigeführten physischen Defekt mittels einer chemischen Substanz, die eine ähnliche Wirkung wie das Gift des Kugelfisches zeigt, eine völlige Lähmung wird herbeigeführt - ähnlich wie beim Scheintot.

Natürlich wird im Voodoo wird auch mit verschiedensten Pülverchen hantiert.
Als Beispiel wäre das Zonka-Pulver (das zur Bannung negativer Wesenheiten genutzt wird) oder das Werwolfspulver (wobei man hier tierisches Verhalten an den Tag legt, man wird toll (ist sozusagen eine Bestrafung weil man zu sehr von oben herab war bzw. für den Kampf gedacht...

Rhiannon


Buchtipps:
- Baba Ifa Karada
  Yoruba - Handbuch der afrikanischen Mystik

- Milo Rigaus
  Secrets of Voodoo

- Papa Nemo
  Der Weg des Voodoo. Von den Grundlagen zur Praxis

- Pietro Bandini
  Voodoo - von Hexen, Zombies, schwarzer Magie

- Heike Owusu
  Voodoo-Rituale

- Shannon R. Turlington
  The Complete Idiot's Guide to Voodoo

- Elisabeth Drabeck
  Wunderwelt Voodoo

- S. Jason Black und Christopher S. Hyatt
  Urban Voodoo